Der Fischerweg in Portugal
1. Tag: Santiago do Cacém - Vale Seco (6h, 22km)
Los geht es am Burgberg in Santiago do Cacém. Dort auf dem Vorplatz der Kirche haben wir einen wunderbaren Blick auf die Umgebung und Anfang November bietet sich uns ein perfektes Wanderwetter bei klarem blauen Himmel und 20 °C. Ein Blick auf die Tafel beschreibt die Regeln auf der Rota Vicentina, dem historischen Pilgerweg, dem wir an den ersten beiden Tage folgen werden. Ein perfektes System aus rot-weißen Markierungen sorgt für absolute Klarheit, ob man richtig unterwegs ist. Rot-weiß parallel - richtig. Rot-weiss gekreuzt - falsch. An jeder Kreuzung und Abbiegung sieht man damit sofort, wo es weitergeht.
Gleich zu Beginn zeigt sich der Weg von seiner schönen Seite. Es geht durch einen kleinen Stadtpark mit Pool und Freizeitmöglichkeiten, bevor wir durch Schirmpinien die Stadt über einen Hügel verlassen und kurz zurückblicken auf die maurische Burg mit angeschlossener Kirche aus einem späteren Jahrhundert. Über leicht schattige Korkeichen- und Eukalyptuswälder erreichen wir nach einiger Zeit eine Anhöhe, die einen Fernblick auf das Meer gewährt. Etwas gestört wird die Idylle durch die großen Industrieanlagen von Sagres.
Wir wenden den Blick wieder in den unberührten Süden und gehen, immer der Sonne entgegen, durch einige Kilometer von Wäldern, in denen sich immer wieder Korkeichen und Eukalyptus abwechseln und die mit der Zeit immer weniger ungewöhnlich werden. Ab und an passiert man Ruinen verlassener Bauernhöfe und uns begegnen einige Geländemotorräder, die es ausnutzen, hier sandig erdige Wege zu finden. Wir setzen uns auf einen Hocker aus Ziegelsteinen unter einer Korkeiche und werden von der einzigen Wanderin entlang unseres heutigen Weges auf das Glück hingewiesen, diese erste Sitzgelegenheit nach 13 km Weg gefunden zu haben. Eine Tatsache, die uns selbst bis dahin nicht bewusst war.
Der Magen knurrt und wir entscheiden uns für 2 km Umweg über Paiol, um dort in einem Café Brotzeit zu machen. Dort stellen wir fest, dass man hier weder mit Deutsch, Englisch noch Französisch weiterkommt. Nach einiger Internetrecherche reichen unsere Portugiesischkenntnisse für zwei Café und zwei Käsebrote, die dann aber so reichlich sind, dass bereits das morgige Frühstück gesichert ist. Der Weg zurück zur Rota Vicentina ist mit Hof- und Wachhunden gespickt und wir sind froh über einen weiteren Höhenzug mit Meerblick wieder auf der sicheren Hauptroute zu landen. Nach einigen Kilometern weitet sich die Landschaft etwas. Einzige Bäume bleiben Korkeichen und Eukalyptus, aber dazu gesellen sich Felder und Wiesen. Dem Ziel entgegen fragen wir uns, ob es heute noch eine Möglichkeit für eine warme Mahlzeit geben wird.
Am Ziel in Vale Seco finden wir zwar kein Restaurant, aber einen gut sortierten Lebensmittelladen, bei dem wir für das Abendessen einkaufen. Wenige Meter weiter erwartet uns unsere heutige Unterkunft. Entlang des Feldweges, der die lange Zufahrt bildet, begrüßen uns viele Tiere: dicke, zufrieden grunzende Schweine, sowie einige Ziegen und Hühner, die hier viel Platz zum Leben haben. Ein kleiner freundlicher Hund holt uns auf halber Strecke ab und führt uns zu dem kleinen Anwesen mit einigen Häuschen zum Übernachten und Selbstversorgen.
2. Tag: Vale Seco - Cercal do Alentejo (6.5h, 22km)
Direkt beim Aufstehen erinnern mich meine Beine daran, dass Fernwandern keine Beschäftigung ist, die normalerweise meinen Alltag bestimmt. Dem Stöhnen meiner Wanderfreundin aus dem Nachbarbett entnehme ich, dass es ihr nicht anders geht. Irgendwie auch beruhigend. Es war eine kalte Nacht in einem schönen, aber mäßig isolierten Zimmer und die kalten Klamotten, die ich mir anziehe, fühlen sich kurz ein wenig ungemütlich an. Im Küchenhäuschen trinken wir eine Kaffee und essen das Käsebrot vom Vortag. Ein kurzer Plausch mit dem Besitzer, der Englisch spricht, und wir verabschieden uns von Ihm und seinen Tieren, um den Weg weiter zu gehen.
Nach einer kurzen Stecke durch Bauernhöfe, Felder und Tiergehege geht der Weg bald in eine trockene Landschaft mit vielen Büschen und einzelnen, frei stehenden Korkeichen über. Kurz darauf versperrt uns eine Leine den Weg. Ein älterer Herr deutet uns an, diese abzunehmen und auf den Boden zu legen. Nach dem wir Ihn mit einem "Bon Dia" begrüßt und uns mit "Obrigado" badankt hatten, beginnt er gut gelaunt auf Portugiesisch zu erzählen. Wir versuchen einen Ausweg mit "No parlo portugues", was wahrscheinlich eher Italienisch ist, worauf er laut zu lachen beginnt und noch eine Weile fröhlich weitererzählt. Wir verstehen zwar gar nichts mehr, aber irgendwie ist es trotzdem eine schöne Begegnung.
Im Folgenden wandern wir durch ein Gebiet, das unser Reiseführer als Montadolandschaft bezeichnet. Betrachtet man die trockenen Büsche und wenigen Bäume, erinnert es uns eher an die Savannenlandschaft einer afrikanischen Tierdokumentation, insbesondere beim Anblick eines fast ausgetrockneten Wasserloches, das den Kühen hier als Tränke dienen soll. So geht der Weg einige Kilometer mal bergab, mal bergan weiter und ich genieße es, die Barfußschuhe gleich zu Beginn angezogen zu haben und den Boden unter den Füßen zu spüren. Meine Wanderfreundin indes schaut mit dem altbewährten Stiefeln auch ganz zufrieden aus.
Nach einiger Zeit erreichen wir das Dorf Vale das Eguas, wo wir an einer der typischen Café-Bars eine kurze Pause einlegen, um unsere Wasservorräte wieder aufzufüllen. Direkt danach ändert sich die Landschaft erneut und wir finden uns zwischen großen, trockenen Ackerflächen wieder. Die Traktoren, die diese gerade umpflügen, ziehen große Staubwolken hinter sich her. Als nächstes Zwischenziel erwarten wir eine Staumauer mit angrenzendem See. Ob der niedrige Wasserstand der Jahreszeit oder dem Klimawandel geschuldet ist, können wir nicht beurteilen. Die Szenerie mit der Säule, die das Staudamm-Projekt des portugiesischen Autokraten Salazar aus der Franco-Zeit lobt, stimmt aber eher nachdenklich. Wir nutzen den Schatten der überdimensionierten Säule und vernichten die restlichen Nudeln vom Vortag, um gut gestärkt den letzten Wanderabschnitt des Tages anzutreten.
Links des Weges befindet sich im folgenden eine weite hügelige Ackerlandschaft und rechts wechseln sich entlang des Stausees junge Eichen- und Eukalyptuswälder ab. Nach einiger Zeit mündet der Weg in eine Eukalyptusallee von einigen Kilometern Länge. An einer Kuppe öffnet sich der Blick erneut und man kann bereits die Häuser des heutigen Tagesziels erkennen. Nach einer kleinen Taldurchquerung erreichen wir das Städtchen mit gut gepflegten blau-weiß gestrichenen Häuschen. Die Gastgeberin unserer heutigen Unterkunft ist Britin und kommentiert die Blume, die wir ihr aus dem naheliegenden Blumenladen mitgebracht haben, mit einem freudigen "Oh how lovely". In einem hübschen Zimmerchen legen wir unsere Sachen ab und beenden den heutigen Wandertag.
Anders als Tags zuvor gibt es hier richtig warmes Wasser zum Duschen und Klamotten waschen. Letzteres ist eine Angewohnheit, die es uns erlaubt mit leichtem Rucksack unterwegs zu sein. Im Ort suchen wir etwas zu essen und stellen fest, dass eigentlich alle Restaurants sehr klein mit 3-4 Tischen sind und eher an Imbissbuden erinnern. Umso besser schmeckt das Essen. Bei uns gibt's "Bacalhau Cremoso com Crosta de Pão" und "Pão Recheado Vegetariano" - beides sehr lecker. Satt und zufrieden stakseln wir zurück zur Unterkunft und schlafen ein.
3. Tag: Cercal do Alentejo - Porto Covo (7h, 25km)
Wir beginnen den Tag mit Croissant und Espresso am Marktplatz von Cercal do Alentejo. Den Beinen geht es zwar ähnlich wie tags zuvor, aber wir hoffen in den nächsten 1-2 Tagen auf Besserung. Da meine Wanderfreundin Blasen an den Füßen bekommen hat, genießen wir noch ein wenig die Morgensonne bis die örtliche Apotheke aufmacht, damit wir dort ein paar Blasenpflaster besorgen.
Danach fangen wir an uns wieder warm zu laufen und wir verlassen die Ortschaft leicht bergauf in Richtung Küste, die wir zwar noch nicht sehen, der wir aber in unseren Gedanken schon nahe sind. Nach einiger Zeit passieren wir einige weiß gestrichene Häuschen, die mit dem blauen Himmel im Hintergrund, den grünen Pflanzen, dem sattbraunen Boden und den reifen Orangenbäumen im Garten ein tolles Farbenspiel ergeben. Interessant sind auch die Thujabäume, die hier so ganz anders aussehen als die Hecken die man von zu Hause kennt.
Nach einem mächtigen Eukalyptuswald erreichen wir mitten im Nirgendwo ein hübsches Landgut, das auch als Unterkunft fungiert und in der trockenen Umgebung wie eine Oase wirkt. Interessiert betreten wir das Gebäude, nachdem wir einen sich schlängelnden Holzsteg überquert haben. Innen ist der Eingangsbereich mit vielen Gemälden unbekannter Künstler hübsch dekoriert und wir fühlen uns direkt wohl. Um die Szenerie ein wenig zu genießen, fragen wir nach einem weiteren Espresso und setzen uns auf die bequemen Sofas einer überdachten Terrasse mit weiteren Kunstwerken.
Da wir heute noch einen langen Weg vor uns haben, trennen wir uns bald von der schönen Kulisse und gehen bald darauf über einen Hügel mit einem weiteren Eukalyptuswald. Kurz darauf öffnet sich vor uns der Blick und wir können nun bereits das Meer erkennen. Eine sonnige, weite Landschaft liegt vor uns, die im Sommer zum Durchqueren sehr anstrengend sein muss. Die milden Temperaturen machen es uns einfach und wir laufen gut gelaunt weiter bis uns plötzlich ein Hund entdeckt und uns laut bellend entgegenkommt. Mit unseren Wanderstöcken können wir ihn mühsam auf Abstand halten und biegen rückwärts gehend in die nächste Seitenstraße bis der Hund von uns ablässt. Wir finden uns abseits der eigentlichen Route wieder und entscheiden uns den restlichen Weg zu unserer Unterkunft über einen Umweg zu gehen, um dem Tier im weiteren Verlauf nicht mehr zu begegnen.
Langsam flaut das Adrenalin ab und wir erreichen kurze Zeit später unsere Unterkunft, die 4 km südlich des Ortes Porto Covo gelegen ist. Unser Zimmer entpuppt sich als hübsch eingerichteter Bungalow mit Blick aufs Meer. Wir legen unsere Sachen ab und erfrischen wir uns kurz im eiskalten Pool und machen uns ohne Gepäck auf den Weg nach Porto Covo, wo wir unser Abendessen geplant haben.
Nach einigen Metern erreichen wir das erste Mal einen Strand und wir genießen es, die Schuhe auszuziehen und den Sand zwischen den Zehen zu spüren. So gehen wir eine ganze Weile. Auf der rechten Seite sehen wir nach einiger Zeit einen Mann in Regenjacke, was bei den mild warmen Temperaturen übertrieben wirkt. Als wir direkt an ihm vorübergehen, stellen wir jedoch fest, dass sich seine Bekleidung ausschließlich auf die Regenjacke beschränkt. "Huch" denke ich mir kurz und Stelle dann leicht belustigt fest, dass ein bisschen Windschutz vielleicht doch nicht schaden kann.
Nach einem kurzen Anstieg entlang der Klippen erreichen wir Porto Covo. Der malerisch gelegene Ort ist mit seinen blau-weißen Häuschen schön hergerichtet und abseits der Saison beschaulich ruhig. Die nette Pizzeria, die wir ins Auge gefasst haben, schließt jedoch gerade und wir setzen uns in ein Fischlokal. Kurz nach der Bestellung schauen uns neben dem Salat zahlreiche kleine Fische an. Mühsam kämpfen wir uns durch unzählige Gräten und auch die Salatbeilage schmeckt primär sandig. Insgesamt ein eher zweifelhaftes Vergnügen. Da auch die Menge überschaubar war, machen wir uns bald auf den Heimweg und genießen in unserer Unterkunft ein zweites Abendessen. Unser gutgelaunter Kellner steckt uns mit seinem herzlichen Lachen an und wir beschließen den ereignisreichen Tag mit einem Lächeln.
4. Tag: Porto Covo - Vila Nova der Milfontes (5h, 17km)
Wissend, dass es heute eine kürzere Etappe wird (wir befinden uns bereits 4 km südlich des offiziellen Etappenstarts Porto Covo), beginnen wir den Tag mit einem ausgedehnten Frühstück. Gegen 10 Uhr haben wir unsere Sachen wieder gepackt und ziehen los in unseren ersten reinen Küstentag. Die Schuhe samt Füßen sind mittlerweile gut eingelaufen und wir starten beschwingt in den Tag.
Der Weg startet gemütlich und wir genießen den Blick auf die beeindruckend hohen Wellen, deren Gischt den Blick entlang der Küste in einen sanften Nebel taucht. Nach einigen Kilometern werden wir kurz ins Landesinnere geleitet, um Brutstätten von Vögeln zu umgehen und landen danach auf einer Sandpiste, die ab und an auch von Fahrzeugen genutzt wird. Wieder aus Gründen des Vogelschutzes wird empfohlen, dieser Sandpiste zu folgen und wir halten uns artig daran. Die Konsequenz daraus ist dann aber ein 2 km langer Marsch durch lockeren Sand, der jeden Schritt beschwerlich macht, dafür aber ohne Ausblick und mit viel Sonne. Nicht ganz das, was wir uns vom Küstenwandern in Portugal erwartet hatten.
Als wir wieder festeren Boden unter die Füße bekommen und der Weg zurück zum Stand führt, durchqueren wir einen Surferparkplatz mit Kennzeichen aus ganz Europa, die durch die hohen Wellen hierher gelockt wurden. Ein kurzer Blick in unseren Wanderführer empfiehlt uns wiederum, die nächsten 3 km aus Gründen des Vogelschutzes auf einer Sandpiste im Landesinneren zu gehen. Augenrollend entscheiden wir uns für den schöneren und in dieser Hinsicht wohl auch problemlosen Weg direkt am Sandstrand, der durch Ebbe gerade problemlos begehbar ist.
Mangels Schatten tragen wir eine weitere Schicht unserer Bio-Sonnencreme auf. Danach laufen wir zwar weiß wie zwei Geister den weiteren Weg, hoffen aber, dass das letzen Endes das beste für unsere Haut ist. Der Weg steigt etwas an und vor uns liegt ein mehrere Kilometer langer Abschnitt oberhalb der Küste mit ständigem Blick aufs Meer. Wir stellen nach kurzer Zeit fest, dass dies ein wunderschöner, aber auch sehr anstrengender Abschnitt ist, da unsere Route hier fast durchgängig auf tief sandigen Pfaden verläuft. Wir verbrauchen innerhalb von 90 Minuten unsere kompletten Wasservorräte, freuen uns aber, bald die ersten Häuser unseres Tagesziels zu erkennen, welches wir trotz der Mühen bereits nach 5 Stunden Marsch erreichen.
Abseits der Hauptsaison haben auch hier viele Lokale geschlossen, wir finden aber in unmittelbarer Umgebung unserer Unterkunft ein hübsches kleines Restaurant, in welchem wir im Halbschatten an der Straße wieder Energie tanken können. Auch das Essen schmeckt uns im Gegensatz zum Vortag hervorragend und wir beschließen den gleichen Ort abends noch einmal aufzusuchen. Den Rest des Tages nutzen wir zur weiteren Planung unserer Reise und füllen etwas Proviant im örtlichen Supermarkt nach. Hier erweist sich der Tipp eines Wanderfreundes, stabile Brotzeitboxen mitzunehmen, als Glücksgriff, da wir so auch weiche Dinge wie Trauben oder Kuchenstückchen sicher verstauen können, um sie an den darauffolgenden Tagen zu genießen.
5. Tag: Vila Nova der Milfontes - Cavaleiro (5.5h, 20km)
In unserer Unterkunft gehen wir morgens erstmal zum Frühstück und finden uns im Wohnzimmer der älteren Dame wieder, die uns hier beherbergt. Den Raum kennen wir bereits von unserer Ankunft, da man ihn direkt betritt, wenn man durch die Eingangstüre geht. Das Zimmer ist neben zahlreichen Familienbildern von Porzellan dominiert, welches in Form von Tellern an den Wänden hängt und in Form von Vasen und Schalen jegliche waagrechte Fläche besetzt. Einzig auf dem Tisch in der Mitte des kleinen Raumes befindet sich ein großzügiges Frühstück mitsamt sehr beeindruckendem Obstteller, der alleine für uns gedacht ist. Wir genießen die vielen Vitamine und werden aufgefordert, das restliche Brot samt Speck und Käse als Lunchpaket mitzunehmen, was wir dankend tun.
Beim Verlassen des Hauses mit unseren Rucksäcken navigieren wir vorsichtig durch all das Porzellan und erreichen, ohne etwas zerstört zu haben, die Eingangstüre. Von dort geht es hinunter zum Hafen und wir lassen uns mit einem kleinen Boot zur anderen Flusseite bringen, was uns eine Stunde Fußmarsch entlang einer viel befahrenen Straße erspart. Wir zahlen gerne die 10 € für 2 Personen, stellen danach aber fest , dass die Überfahrt maximal eine Minute gedauert hat und sich daraus bei Hochsaison ein ganz ordentlicher Stundenlohn ergeben müsste.
Bis zu unserem Ziel liegen 20 km vor uns und wir befürchten einen ähnlich sandig- anstrengenden Weg wie am Vortag. Es stellt sich aber schnell heraus, dass dem nicht so ist und es die ersten Kilometer schnell vorangeht. Wir gehen eine Zeit lang ein Stück abseits der Küste entlang von Feldern auf erdigem Grund bis wir an einer Abzweigung in eine Hecke abbiegen. Wie durch einen Tunnel verlaufen die nächsten Kilometer des Weges durch Gestrüpp, welches mal mehr mal weniger gut zurückgeschnitten ist. Immer wieder geht es mit "Augen zu und durch" weiter bis wir uns an einer Abzweigung wieder für ein Stück entlang des Strandes entscheiden.
Über diesen Strand erreichen wir bereits gegen Mittag das im Reiseführer angegebene Tagesziel Almogarve, das auf unserer persönlichen Tagestour allerdings nur den Halbzeitpunkt markiert. Mit einem Sprung überqueren wir ein kleines Flüsschen, welches hier ins Meer mündet, und machen kurz darauf Mittagspause auf einer Sitzbank am Strand von Almogarve.
Als wir weitergehen, stellen wir auf einer Anhöhe fest, dass heute der Tag der besonderen Gerüche zu sein scheint. Am Morgen roch es oft verbrannt, vielleicht von den tiefschwarzen Felsen, die hier vom Meer freigespült an die Oberfläche geholt werden. Entlang des Strandes habe ich ein Stück davon zwischen den Fingern verrieben und den Eindruck gehabt, es könnte sich dabei um Kohle handeln. Hier oben riecht es ganz im Gegensatz dazu unerwartet süßlich wie bei einem Honig-Aufguss in der Sauna. Wir vermuten eine neue Pflanze als Ursprung, können diese aber nicht sicher feststellen. Eventuell ein niedriger, nadelartiger Busch mit kleinen, johannisbeerartigen Früchten, nur in braun.
Den Gerüchen und Gedanken nachhängend sehen wir in einiger Entfernung bereits einen Leuchtturm, der unser heutiges Tagesziel markiert. Über eine Hochebene mit weiten Ausblicken auf die riesigen Felszacken, die hier ins Meer hineinragen, geht es kurz noch einmal durch Sand zu unserem Tagesziel. Nach dem Abendessen im örtlichen Restaurant von Cavaleiro erreichen wir abseits des Städtchens unsere einsam gelegene Unterkunft mit Blick auf den Leuchtturm.
6. Tag: Cavaleiro - Praia de Odeixe (8h, 28km)
Heute haben wir mit 28km die längste Tagesetappe unserer Tour vor uns. Wir packen früher als sonst unsere Sachen und brechen gleich nach einem Tee auf, um schon früh einige Kilometer zu schaffen. Wir umrunden den Leuchtturm, der auf einem Hochplateau steht und biegen danach auf einen festen Erdweg ein, der etwas abseits der Küste auf dem Hochplateau verläuft. Es ist kein schöner, aber bisher der einfachste Teilabschnitt unseres Weges. Als wir gegen 10 Uhr an einer Klippe unser selbstgemachtes Frühstück essen, haben wir bereits die ersten 8km geschafft. Bei Käsesemmel, Kuchen und Orange blicken wir aufs Meer und eine sanfte Brise macht den Moment sehr angenehm.
Die Lust auf einen Kaffee im nächsten Ort Zambujeira do Mar drängt uns bald zum Weitergehen. Nach einer kurzen steilen Bergab-Passage durchqueren wir einen chaotischen, kleinen Fischerhafen, in dem sich Netze und Fangkörbe stapeln. Wir passieren einige unbewohnte Häuser und gehen kurz darauf 3km entlang einer schnurgeraden Straße, bis wir über einer kurzen Abschnitt entlang der Küste in Zambujeira ankommen. Erstaunt stellen wir fest, dass der vom Tourismus geprägte Ort zu dieser Zeit völlig leergefegt ist und einer Geisterstadt gleicht. Von den 15 Restaurants und Cafés, die wir finden, hat nicht ein einziges geöffnet und die Fensterläden an nahezu allen Wohnhäusern sind zugeklappt. 13km langweiliger Weg, eine schmerzende Fußsehne bei mir und dann diese Stadt - unsere Stimmung ist am Tiefpunkt.
Schließlich finden wir immerhin einen kleinen Laden, der geöffnet hat, kaufen Kekse, Obst und Brot ein und gehen schnell weiter. Der Weg wird ab hier abwechslungsreicher und es geht mit schönen Blicken auf die Felsküste häufiger bergauf und bergab. In einem verlassenen Surfercafé an einem Strand packen wir Kekse und Obst aus und machen das beste aus der Situation. Eine hübsch gestaltete Kreidetafel erzählt von den guten Sachen, die man sich hier wohl vor einigen Wochen noch schmecken lassen konnte.
Danach führt der Weg entlang eines riesigen Tiergeheges mit - laut Reiseführer - exotischen Tieren. Wir können in der Ferne ein Alpaca erkennen, ansonsten scheinen es aber unsichtbare Tiere zu sein. Bald darauf laufen wir wechselnd, an der Küste auf und ab, durch Sand, durch Gebüsch und zwischen schattigen Hecken weiter. Dabei passieren wir eine bis zum Horizont reichende Fläche von Gewächshäusern, in denen wohl Obst und Gemüse für ganz Europa produziert werden. Nach der Querung einer Bucht erreichen wir ohne viel Erwartung die nächste Ortschaft. Obwohl viel kleiner finden wir hier zu unserer Überraschung ein belebtes, traumhaft über dem Meer gelegenes Café, dem wir selbstverständlich einen Besuch abstatten. Mit freundlichem Kellner und gutem Espresso ist unser Stimmungstief vom Mittag nur noch eine ferne Erinnerung.
Die letzten wenigen Kilometer unserer langen Tagesetappe führen uns nochmal über Wege mit tiefem Sand, aber schon bald erkennen wir den Strand Praia de Odeixe, oberhalb dessen sich unsere heutige Unterkunft befindet. Darunter schlängelt sich ein recht breiter Fluss, den es zuvor noch zu durchqueren gilt. Wir haben den Tag so geplant, dass wir hier bei Ebbe ankommen, damit wir ohne Schwimmen ans andere Ufer kommen. Tatsächlich müssen wir nicht einmal unsere kurzen Hosen hochkrempeln, um durch den seichten Fluß zu waten. Ein bisschen Kneippen durch den fein-sandigen Flußboden ist ein angenehmer Tagesabschluss und wir erreichen erschöpft, aber zufrieden unser Ziel.
7. Tag: Praia de Odeixe - Aljezur (5.5h, 19km)
Bereits gestern Abend haben wir auf der Terrasse vor unserer Unterkunft oberhalb des Strandes gut zu Abend gegessen und einen Teil der Mahlzeit für heute Abend eingepackt. Jetzt sitzen wir wieder hier und bekommen ein großzügiges Frühstück serviert. Dabei blicken wir auf die mächtigen Wellen, die am Strand zu sehen sind. Prompt joggt vor unserer Nase ein Mann mit Surfbrett vorbei. Eine Weile beobachten wir, wie er sich aufwärmt, in seinen Neoprenanzug schlüpft und hinaus aufs Meer paddelt, wo sich die Wellen gut 500 Meter vom Strand entfernt anfangen zu brechen. Durch unzählige Wellenfronten paddelt er hindurch und wir beginnen zu verstehen, wie die eindrucksvoll trainierten Surferkörper entstehen, die uns jetzt schon einige Male begegnet sind.
Hier weiter entspannt zu sitzen und anderen Menschen beim Sport machen zuzuschauen, hätte bestimmt auch seinen Reiz. Dennoch reißen wir uns bald darauf los und starten unseren Tag an einem für diesen Küstenweg so typischen Abschnitt auf sandigen Pfaden oberhalb der Klippen. Nach 4 km Warmlaufen stehen wir oberhalb eines tief eingeschnittenen Flusstales. Auch wenn der offizielle Verlauf des Weges ins Landesinnere führt, entscheiden wir uns das Tal auf direktem Weg zu durchqueren. Über einen felsigen Pfad steigen wir steil bergab und beobachten an der Mündung des Flusses wie die heute so hohen Wellen hier auf die Küste treffen. Als wir danach auf der anderen Seite aufsteigen, ist uns klar, dass dies bisher mit Abstand die anspruchsvollste Stelle unserer Tour ist. Dem Wanderer ohne alpine Erfahrung sei hier der Umweg durchs Landesinnere empfohlen. Nach dem steilen, abschüssigen Pfad auf erdigem Grund erreichen wir nach einem weiteren Stück klassischen Fischerweges die Stelle, an der sich unser Weg für einen Tag vom Meer verabschiedet.
Im Folgenden laufen wir auf schnurgeraden Abschnitten ins Landesinnere und hören noch lange das ferne Donnern der Wellen an der Küste. Ohne Schatten brennt die Sonne hier auch im November ordentlich vom Himmel herab und uns wird wieder einmal klar, dass es völlig unmöglich sein muss, diesen Weg in den Sommermonaten zu gehen. Nach 3km entlang von trockenen Feldern, Wiesen und Buschwerk erreichen wir das etwas im Landesinneren gelegene Straßendorf Rogil, wo wir unsere Wasservorräte auffüllen, Mittagspause machen und uns den täglichen Kaffee genehmigen. Auch die darauffolgenden 8km verlaufen ereignislos auf schnurgerader trockener Erdpiste.
Schließlich erreichen wir kurz vor unserem heutigen Tagesziel eine Anhöhe, die uns einen Blick über das rund 100m unter uns gelegene, fruchtbare Tal des Ribeira der Aljezur erlaubt. Von hier an geht es steil bergab und wir erblicken bald darauf die zweigeteilte Ortschaft Aljezur. Während der historische Teil mitsamt unserem Hostel um 16 Uhr bereits im Schatten des Hügels liegt, auf dem das Städtchen erbaut ist, genießt der neuere Teil noch die milde Abendsonne. Nach unserem Check-in gehen wir noch zu einem gemütlichen Abendspaziergang in den neueren Teil und gelangen bald an den hübsch gelegenen Stadtplatz neben der Kirche.
Dort haben einige Cafés geöffnet, von denen uns eines besonders anlacht. Es stellt sich heraus, dass es sich um den - laut eigener Aussage - einzigen plastikfreien Bioladen südlich von Lissabon handelt. In jedem Fall gibt es hier außerordentlich gutes Brot mit Hummus und wir genießen den schönen Moment an diesem recht lauen Abend. Zum Abschluss bekommen wir einen sehr facettenreichen Espresso aus der örtlichen Rösterei. Im Hostel zurück haben wir noch einen gemütlichen Abend und ein nettes Gespräch mit einer Britin, die hier gerade Remote arbeitet, um dem grauen Wetter auf der Insel zu entgehen. Etwas später als sonst fallen wir erschöpft ins Bett.
8. Tag: Aljezur - Arrifana (3h, 13km)
Heute an unserer kürzesten Tagesetappe lassen wir den Tag ruhig angehen und frühstücken gemütlich in der Morgensonne von Aljezur direkt am Fluss, der zwischen den beiden Teilen des Städtchens verläuft. Kurz nach 11 Uhr steigen wir über die schmalen gepflasterten Gässchen der Altstadt hinauf zur Festung, die wiederum aus nautischer Zeit eine der Festungen ist, die auf der portugiesischen Nationalflagge abgebildet ist. Von hier aus hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Umgebung. Im Landesinneren blickt man auf die Gebirgslandschaft der Serra de Monchique, während man in der anderen Richtung entlang des grünen Flusstales das Meer erblicken kann.
Wir steigen in anderer Richtung von der Anhöhe herunter und wandern ein kurzes Stück durch das Flusstal bis wir auf eine Neubausiedlung treffen. Einige großzügige Häuser mit hübsch angelegten Gärtchen wurden hier an den Rand des Flusstales gebaut, scheinen aber aus uns nicht erkennbaren Gründen nicht fertiggestellt zu sein. Unserem Reiseführer entnehmen wir, dass das bereits seit einiger Zeit so sein muss, wodurch sich ein eher trostloses Bild ergibt.
Steil bergauf überwinden wir direkt danach zunächst 100 Höhenmeter und wandern bald über eine Hochebene durch lichte Eichen- und Eukalyptuswälder. Kurz darauf führt uns der Weg durch mit Zistrosen niedrig bewachsene Abschnitte. So wechseln sich dann auch im Anschluss daran die restlichen 8km der Tagesetappe sonnige und schattige Teile des Weges ab, bis wir nach einiger Zeit das Meer erblicken und bald darauf unser heutiges Tagesziel Arrifana erreichen. Wir geben unser Gepäck in der örtlichen Jugendherberge ab und gehen durch das Dorf bis zum Ende der Felsklippe, die hier sehr prominent und weit aus dem Meer aufragt.
Hier setzen wir uns in das recht große und gut besuchte Restaurant und genießen unser Mittagessen mit Meerblick. Als wir fertig sind beobachten wir noch eine Weile die vielen Surfer, die weit unter uns versuchen die perfekte Welle zu erwischen. Wir beobachten einen glücklichen, der es wirklich perfekt getroffen hat und jetzt auf seinem Brett von weit draußen gut 500m in Richtung Strand reitet, was auch zum Zuschauen seinen Reiz hat. Als wir danach unser Zimmer in der Jugendherberge beziehen, sind wir sehr überrascht. In Richtung Meer befindet sich hier keine Wand, sondern eine Glasfront, über die man vom Bett aus direkt aufs Meer schauen kann. Hier genießen wir den Sonnenuntergang und lassen den Tag danach in der hauseigenen Bar ausklingen.
9. Tag: Arrifana - Carrapateira (5.5h, 20km)
Beim morgendlichen Orientieren werden wir gleich nochmal von dem schönen Blick aufs Meer überrascht. Danach gibt es in unserem Hostel Croissant und Kaffee und wir brechen bereits gegen halb 9 zu unserer heutigen Tagestour auf. Zunächst müssen wir ein Stück des gestrigen Weges zurückgehen. Der Straße aus dem Ort Arrifana folgend geht es bald rechts über eine Anhöhe durch trockene Wiesen und Buschwerk aus Zistrosensträuchern. Bald darauf erreichen wir den höchsten Punkt, von wo aus wir mit wunderbarem Fernblick die Küste entlang schauen können und hinabsteigen in eine Kiesbucht, in der hohe Wellen auf die Küste treffen.
Wir verweilen hier etwas und uns ist schnell klar, dass unsere geplante Alternativroute am Strand entlang aufgrund von Flut derzeit nicht möglich ist. Mental bereiten wir uns schonmal auf das wenig reizvolle Stück ins Landesinnere vor, das nun vor uns liegt. Kurz darauf reißen wir uns los und folgen der Erdstraße bergauf, die wieder durch Buschland und Eukalyptuswälder führt, bis nach einigen Kilometern wie aus dem nichts eine neu errichtete Herberge auftaucht. Einer Oase gleich steht diese unwirklich in der so trockenen Umgebung. Wir fragen nach etwas zu trinken und bekommen ohne Worte und etwas gelangweilt einen Orangensaft gereicht, was uns irgendwie auch amüsiert. Auf der Terrasse neben dem hübsch angelegten Pool machen wir kurz Rast bevor wir in den nächsten Abschnitt mit trockenem Buschland und Eukalyptus starten.
Die nächste erwähnenswerte Stelle liegt einige Kilometer später auf einem Hügel nahe der Küste: ein Vermessungspunkt aus Beton, den wir erklimmen. Von hier haben wir eine schöne Rundumsicht und können sowohl unseren heutigen Startpunkt Arrifana als auch bereits unser Tagesziel Carrapateira erblicken. Von hier oben geht es direkt Richtung Küste weiter und der Sand auf den Wegen wird zunehmend tiefer. Wir finden einen Pfad, der von den Klippen steil bergab Richtung Küste führt, und entscheiden uns dort zum Meer abzusteigen.
Nachdem wir uns unten von den Schuhen befreit haben, geht es die nächsten Kilometer barfuß weiter. Wir genießen den Sand zwischen den Zehen und wie die Füße immer wieder vom kalten Meer umspült werden. Hier sinken die Füße besonders tief in den weichen nassen Strand ein, weswegen die folgenden 2 Kilometer zwar anstrengend, aber auch sehr schön sind. Am Ende des Abschnitts brauchen wir einige Zeit, um unsere Füße von Sand zu befreien und wieder auf normales Schuhwerk zu wechseln. Wir gehen noch ein kurzes Stück über sandige Pfade und durch grasbewachsene Dünen bis wir unser Tagesziel Carrapateira erreichen.
Nachdem wir uns in der Unterkunft frisch gemacht haben, spazieren wir in den Ortskern, wo wir auf einer Mauer sitzend noch ein wenig die milde Abendsonne genießen. Danach finden wir uns in einem hübschen kleinen Lokal ein, in dem wir gemeinsam mit einem anderen Wanderpaar Gedanken und Erlebnisse der vergangenen Tage austauschen.
10. Tag: Carrapateira - Vila do Bispo (5h, 16km)
Nach unserem ersten Frühstücksbuffet mit leckerem Müsli führt unser Weg uns am Tagesbeginn zunächst wieder durch die Sanddünen und überquert im Anschluss eine Straße, die zu einem kleineren Strand führt, den wir bald erreichen. Hier tummeln sich bereits am Morgen einige Surfer, die gerade noch mit Dehn- und Gymnastikübungen beschäftigt sind, bevor sie sich ins kalte Nass stürzen. Eine erste wagemutige Surfanfängerin paddelt in eine Miniwelle, springt aufs Brett, fährt drei Meter und fällt danach ins Wasser, um gleich darauf freudestrahlend aufzuspringen. Scheinbar haben wir sie gerade bei ihrem ersten erfolgreichen Surfversuch beobachtet. Wir freuen uns mit und verlassen bald darauf den Strand.
Hier führt der Weg steil bergauf über eine 80 Meter hohe Kuppe und gleich wieder hinunter zum Meer, um gleich danach wieder um 120 Höhenmeter anzusteigen. Ohne Wind und mit warmer Morgensonne kommen wir nass verschwitzt oben an. Ich passe mich dem Kleidungsstil meiner vorausschauenden Wanderfreundin an, indem ich mein warmes Unterhemd loswerde und die Hosenbeine abzippe. Wir genießen kurz den Blick zurück, der bis zu unserem gestrigen Startpunkt Arrifana reicht.
Dann sehen wir einen großen Greifvogel in der Nähe landen. Ich mache ein Foto, auf dem er allerdings schlecht zu erkennen ist. Als er kurz darauf wieder startet, verpasse ich den Moment ihn im Flug zu knipsen. Wir wissen nicht, was wir da gesehen haben, vermuten aber aufgrund von Form und Größe einen Geier. Wir schauen ihm noch eine Weile beim Kreisen zu, bevor wir über einen steilen, steinigen Pfad zum nächsten Strand hinabsteigen. Der ca. 30m lange Sandstrand ist von hohen Felsen umrahmt und einige Wanderer genießen das Tosen des Meeres, um hier eine Zeit lang zu verweilen. Wir entscheiden uns dafür, zuerst den letzten Anstieg des Tages zu überwinden, und setzen uns zur Brotzeit am Ende des langen Anstiegs auf eine 120 m hohe Felsklippe. Hier genießen wir Käsebrot und Pflaumen und den letzten Blick auf das Meer an diesem Tag.
Im Anschluss führt uns der Weg auf einer Hochebene entlang einer breiten Erdstraße ins Landesinnere, vorbei an Zistrosen, Seekiefern, Eukalyptus und trockenen Sträuchern. Dem geübten Botaniker stechen hier bestimmt noch weitere Pflanzen ins Auge, für uns ist es mittlerweile ein sehr gewohntes Bild. So geht es 3km in Richtung Landesinnere, bevor der Weg abknickt und uns auf den letzten 3km des Tages entlang einer Straße zu unserem heutigen Tagesziel führt. Über Vila do Bispo hinweg können wir hier in mehrere Richtungen bereits das Meer erblicken, was stark darauf hindeutet, dass wir dem Ziel unseren langen Weges, dem Cabo der Sao Vicente, näherkommen.
Während unsere vorherige Unterkunft etwas feucht und dunkel war, checken wir heute in einem Drei-Sterne-Hotel ein und nutzen den Waschservice, um unsere ganzen Klamotten wieder richtig sauber zu bekommen. Währenddessen verbringen wir einige Zeit im Indoor Pool und nutzen die hauseigene kleine Sauna zur Entspannung. Danach ist das erste Mal seit Beginn unserer Tour wieder der Ausgangszustand erreicht: Wanderfreunde samt Gepäck vollständig gesäubert. Schließlich lassen wir den Abend in einem gemütlichen Restaurant ausklingen.
11. Tag: Vila do Bispo - Sagres (6h, 21km)
Nach dem Frühstück verlassen wir das Hotel und treffen zwei weitere Wanderfreundinnen von zu Hause. Die beiden verbringen ganz in der Nähe gerade ihren Urlaub und begleiten uns heute bei der letzten Etappe unserer Tour um das "Ende der Welt". Von Vila do Bispo aus starten wir und gelangen über sandig-erdige Fahrstraßen auf die Hochebene beim Torre de Aspa, dem höchsten Punkt entlang des Fischerweges. Von hier hat man eine wunderschöne Rundumsicht und wir können zurückblicken bis Arrifana, das wir bereits vorgestern verlassen haben. In die andere Richtung erlaubt die Anhöhe einen Blick auf Sagres, unser Tourenziel, sowie das Cabo der Sao Vicente, das mit seinem markanten Leuchtturm den südwestlichsten Punkt Europas markiert.
Mit Meerblick in drei von vier Himmelsrichtungen führt uns der Weg langsam bergab und noch einmal vorbei an vielen Pflanzen, die uns auf unserer Reise begleitet haben: duftende Eukalyptusbäume, Schatten spendende Pinien und Kiefern, in bunten Farben leuchtende Mittagsblumen, Zistrosen und viele mehr. Wir erreichen bald darauf die Küste auf einer Klippe und sehen Störche über unseren Köpfen kreisen. So bietet dieser Abschnitt noch einmal vieles, um unsere Reise ein bisschen Revue passieren zu lassen. Nach einigen Kilometern entlang der Steilküste überqueren wir eine Fläche mit vielen Steinen, in der man sich seinen Weg über die Steine balancierend suchen muss, da keine klare Route erkennbar ist.
Als wir das Gebiet verlassen, erreichen wir die gut ausgebaute Straße, die uns die letzten 500 Meter zum Leuchtturm in diesem fernen Eck Europas führt. Vor der kleinen Befestigungsanlage, die den Turm umgibt, befinden sich zahlreiche Stände, die an diesem Touristenmagnet Handarbeiten, Essen und einigen Krimskrams verkaufen. Ein Wandererfreunde-Paar, mit denen wir uns die letzten Tage gut unterhalten haben, kommt uns den Ort bereits verlassend entgegen. Wir tauschen uns noch kurz aus, bevor sie uns ein Stück Schokolade in die Hand drücken, mit der wir das Tourenziel feiern sollen. Wir freuen uns über die nette Geste und genießen die Stückchen auf einem der Befestigung vorgelagerten Felsen. Von hier aus kann man noch einmal den Küstenstreifen überblicken. Wir knipsen noch einige Zielfotos, bevor wir uns in das Café im Inneren des Gemäuers setzen.
Nachdem wir dort etwas die Zeit vergessen haben, machen wir uns etwas spät auf das letzte Stück unseres Weges nach Sagres. In der tief stehenden Sonne gehen wir weiter entlang der Küste, beobachten nochmal einen Surferstrand und erreichen nach einiger Zeit unser Ziel Sagres. Von hier aus geht es mit dem Taxi zurück nach Vila do Bispo, von wo uns unsere Freunde mit dem Mietwagen nach Lagos bringen. Danach verbringen wir noch ein paar Tage in der quirligen Metropole Lissabon, wo wir uns wieder etwas dem Trubel des Alltags nähern. Ein gelungener Abschluss einer wunderbaren Reise.